Navigation auf uzh.ch
Prof. Ernst Fehr zur Ökonomie und Biologie des Vertrauens, 17./18.01.2013
Fehr zu Ökonomie und Biologie des Vertrauens (PDF, 67 KB)
Michael Fiebig: Mikrofinanzierung - Marktentwicklung durch Vertrauensaufbau
Fiebig: Mikrofinanzierung-Marktentwicklung durch Vertrauensaufbau (PDF, 269 KB)
Bericht der UZH-News zur Abschlusstagung "Zwischen Risiko und Sicherheit - welches Vertrauen brauchen wir?" vom 17./18. Januar 2013
Prof. Dr. I.U. Dalferth: Vertrauen gibt Halt und ist lebenswichtig
reformiert_1_1_2013_Dalferth (PDF, 570 KB)
A. Lassak: Warum vertrauen wir?, in: Mercator Magazin 02-12
Mercator_Magazin_02_12_Lassak (PDF, 168 KB)
Dr. PD. S. Peng-Keller: Die "kirchliche Vertrauenskrise im Blickfeld der Vertrauensforschung", in: Schweizerische Kirchenzeitung, 50 (Teil I), 51-52 (Teil II), 2012
SKZ_51_52_2012_Peng (PDF, 1 MB)
Prof. Dr. B. Boothe/PD Dr. S. Peng-Keller: Sternstunde Religion: Warum vertrauen wir, SFR, 01.01.2013:
http://www.srf.ch/sendungen/sternstunde-religion/warum-vertrauen-wir
Prof. J. Tanner in: ceo, Dez. 2012: In der Finanzkrise war das Vertrauen der grosse Verlierer
ceo_Dez_2012_Tanner (PDF, 982 KB)
Prof. Dr. Ernst Fehr in: GDI Impuls Nr. 3, 2011: Verhaltensökonomie. Dem Menschen auf der Spur
Prof. Dr. Jakob Tanner und Dr. Jan Engelmann in WELT ONLINE, 29.11.2011: "Vertrauen ist der Klebstoff der Gesellschaft"
Andrea Lassak
Die Tagung "Grundvertrauen – hermeneutische und empirische Erkundungen eines Grenzphänomens des Vertrauens" kann als Musterbeispiel für Hans Blumenbergs These von wissenschaftlicher Entselbstverständlichung des lebensweltlich Selbstverständlichen vorgestellt werden. Jedenfalls wenn man von der (gewagten) Annahme ausgeht, die versierten TeilnehmerInnen dieser Arbeitstagung lebten bis dato aus einem selbstverständlichen ‚Grundvertrauen’.
Denn was ist ‚Grundvertrauen’ eigentlich genau? Und gibt es dieses ‚Grundvertrauen’ überhaupt jenseits theoretischer Rekonstruktionen? Mit dieser anspruchsvollen Aufgabenstellung wurden sieben WissenschaftlerInnen aus der Psychologie, Soziologie, (Religions-)Philosophie und Theologie für eine interne Arbeitstagung am 7./8. Oktober 2011 betraut. Eingeladen hatten sie PD Dr. Simon Peng-Keller und Prof. Dr. Ingolf U. Dalferth. Beide arbeiten in leitender Funktion im interdisziplinären, vom SNF und der Mercator-Stiftung geförderten Forschungsprojekt „Vertrauen verstehen“ an der Universität Zürich.
Eröffnet wurde die Tagung durch Prof. Dr. Brigitte Boothes (Zürich) Beitrag zu ‚Grundvertrauen und elterliche Gabe’. Boothes eigenständiger Forschungsbeitrag aus psychoanalytischer Perspektive bot eine so bemerkenswerte wie provokante Erklärung für die Vertrauensfähigkeit des Menschen. Anhand ihres Modells der Kreditierung zeigte sie auf, wie über den elterlichen Kredit des ‚Urvertrauens’ im Kind eine egozentrische Erwartungshaltung entstehe, die für jedes spätere Vertrauensverhalten maßgeblich sei.
Als Philosoph abstrahierte Prof. Dr. Emil Angehrn (Basel) von dieser entwicklungspsychologischen Ursituation des Menschen und suchte ‚Grundvertrauen zwischen Metaphysik und Hermeneutik’ zu verorten. In einem Text, der das Vertrauen in die Verstehensbemühung der Philosophie exemplarisch vor Augen führte, machte er drei beachtenswerte Kandidaten für ein ‚Grundvertrauen’ aus: Seinsvertrauen, religiöses Vertrauen, Sprach- und Sinnvertrauen.
In den dicht getakteten Nachmittag führte Prof. Dr. Arne Grön (Kopenhagen/Dänemark) über, indem er ‚kritische Bemerkungen zur Rede vom Grundvertrauen’ zu bedenken gab. Dieser religionsphilosophische Beitrag rüttelte an den Fundamenten des Konstruktes, indem Grön die Frage nach dem ‚Grundvertrauen’ so reformulierte: inwiefern ist Vertrauen grundlegend? Die Pointe seiner Denkbewegung liegt darin, jegliche Vertrauensvollzüge im Leben als ‚both basic and fragil’ zu verstehen. Damit könne das Missverständnis vermieden werden, es gäbe ein passives Vertrauens-Fundament, auf dem alles Weitere aufbaue.
Auf ähnliche Weise konzeptualisierte der Soziologieprofessor Dr. Martin Endress (Trier/Deutschland) das Vertrauensphänomen. In Frontstellung zu mehrheitlich zweck-rationalen Vertrauensverständnissen seiner eigenen Disziplin setzte er den Modus eines sog. ‚fungierenden Vertrauens’ als Kern des Vertrauens an. Dieser Modus sei vorthematisch bzw. unbewusst und begleite und ermögliche als ‚zur-Welt-Sein’ alles menschliche Handeln und Leben in der Welt.
Den Abschluss dieses ersten Arbeitstages bildete Ingolf U. Dalferths (Zürich) theologischer Beitrag über Problemdimensionen des ‚Grundvertrauens’. In erhellender Weise rekonstruierte er unterschiedliche Modelle des ‚Grundvertrauens’ und dachte ein quer dazu stehendes ‚Grundvertrauens’ an, das jenseits der im Leben zu erwerbenden Möglichkeiten als eine Bestimmung der Existenz verstanden werden müsste.
Nach einem anregenden und geselligen Abend eröffnete am nächsten Morgen Petra Meibert (Bochum/Deutschland) den dritten Tagungsblock. Auf dem Hintergrund achtsamkeitsbasierter Psychotherapie (MBCT) wurde ein Fragebogen diskutiert, den sie in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Johannes Michalak an der Universtität Bochum als empirisches Messinstrument für psychisch relevantes ‚Grundvertrauen’ entwickelt. Deutlicher als in jeder anderen Diskussion wurde anhand der Formulierungen des Fragebogens, wie divers und voraussetzungsreich ‚Grundvertrauen’ in concreto verstanden wird.
In eine rege Abschlussdiskussion führte schließlich der Beitrag von PD Dr. Simon Peng-Keller (Zürich) über. Seine Arbeitsvorlage präsentierte ‚Grundvertrauen als lebenshermeneutisches Konzept’, was die Annahme beinhaltete, ‚Grundvertrauen’ sei ein zentrales Kriterium für die ‚Frage nach dem guten Leben’. Leitend für Peng-Kellers Verständnis war zudem die Abgrenzung des ‚Grundvertrauen’ einerseits von Kontrollverhalten und Sicherheitserleben und andererseits von reinem Selbstvertrauen. Aufgrund seiner Verweise auf religiöse Vertrauenshaltungen entzündete sich in der Schlussdiskussion die weitreichende Frage nach dem Verhältnis von Gottesglauben/Gottvertrauen und ‚Grundvertrauen’. Darüber hinaus wurden die offenen Fragen zur spezifischen Erschütterungsresistenz des Grundvertrauens, zum Wesen des Grundvertrauens als Vollzug bzw. Modus und der Perspektive, von der aus man über ‚Grundvertrauen’ zu sprechen beginnt, festgehalten.
Diese und viele Punkte mehr werden die teilnehmenden WissenschaftlerInnen aus dem In- und Ausland bei der Überarbeitung ihrer reichhaltigen Beiträge für den – schon jetzt vormerkenswerten! – Aufsatzband zu bedenken haben. Durch die theoretischen Verständigungsbemühungen mag sich im direkten Anschluss an die Tagung ein Gefühl des Verlustes von lebensbestimmenden Selbstverständlichkeiten eingestellt haben. Der Einsicht aber, dass ‚Grundvertrauen’ wesentlich erst durch Infragestellungen in den Blick gerät, durch Krisen reift und sich an Erschütterungen zu bewähren hat – der gilt es nun auch professionell Folge zu leisten.
Die Publikation zur Tagung ist erschienen:
Dalferth, Ingolf U. /
Peng-Keller, Simon (Hg.), Grundvertrauen. Hermeneutik eines Grenzphänomens,
Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig, 2013.
Der Mensch ist egoistisch und rational:
So steht es seit Hunderten von Jahren in den Wirtschaftsbüchern. Völlig falsch,
sagt der Zürcher Wirtschaftsprofessor Ernst Fehr. Er hat nachgewiesen, dass
Solidarität und Fairness eine grosse Rolle spielen, wenn Wirtschaftssubjekte
auf dem Markt agieren.
Ernst Fehr dazu auf SF ECO, 11.10.2011: Videobericht
vom 18./19.07.2011 Universität Zürich / Collegium Helveticum
Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojektes 'Vertrauen verstehen' traf sich eine Gruppe von Forschenden aus dem deutschsprachigen Raum zu einem zweitägigen transdisziplinären Workshop. Die Diskussionsgrundlage bildeten im Vorfeld erstellte Texte zum Tagungsthema. Vertreten waren die folgenden Fachgebiete: Klinische Psychologie (Dr. Bernhard Grimmer/Münsterlingen), die medizinische Psychologie (Dr. Katrin Rockenbauch/Leipzig), die Erziehungswissenschaft (Dr. Sieglinde Weyringer/Salzburg), die Ökonomie (Prof. Dr. Peter Eberl/Kassel) und die Theologie (Prof. Dr. Ingolf U. Dalferth/Zürich; PD Dr. Simon Peng-Keller/Zürich; Prof. Dr. Thomas Schlag/Zürich).
Intensiv diskutiert wurden u.a. die folgenden Fragen: Welche Bedingungen sind für die Kommunikation von Vertrauen erforderlich? Welche Typen lassen sich unterscheiden? Ist Vertrauen eher als Eigenschaft (substantivisch), Tätigkeit (verbal) oder Modus (adverbial) zu beschreiben? Gibt es eine Kompetenz zur Vertrauenskommunikation? Darf bzw. kann Vertrauen instrumental eingesetzt werden? Und was ist genau unter einer Vertrauenskrise zu verstehen?
Blitzlichtartig und in Auswahl können folgende Einsichten berichtet werden:
Ist Kommunikation des Vertrauens also möglich, und wenn ja, wie? Dass eine solche Kommunikation tatsächlich möglich ist, wurde von keiner Seite grundsätzlich in Frage gestellt. Von allen vertretenen Disziplinen konnten vielmehr eine Reihe von Gelingensbedingungen dafür genannt werden. Sie lassen sich in drei Punkten zusammenfassen: Notwendig für die Kommunikation des Vertrauens ist erstens ein vertrauenswürdiger und vertrauensvoller bzw. sicherheitsstiftender Rahmen, zweitens eine Vertrauensbeziehung und drittens der tatsächliche Vertrauensvollzug. Nicht abschließend entscheiden ließ sich, in welchem Maße sich das Vertrauen, das jemand in einer bestimmten Situation entwickelt, generalisieren und auf andere Situationen übertragen lässt und ob eine solche Generalisierung sinnvoll oder problematisch ist. Offen blieb auch, ob alle Disziplinen den Vertrauensbegriff in derselben Weise verwenden. Deutlich wurde, dass Vertrauen ein wichtiges Thema für alle Disziplinen ist, das bei allen Forschungsaktivitäten der letzten Jahre immer noch unzureichend erforscht ist.
22.07.2011 lic. theol. Marcel Egli / Zürich
Die Publikation zur Tagung ist erschienen:
Dalferth, Ingolf U./Peng-Keller, Simon, Kommunikation des Vertrauens, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig, 2012